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Posts Tagged ‘Waldschlösschenbrücke’

Moloch aus Stahl und Beton

Was uns Dresdner berührt, das ist oft gar nichts Besonderes. Mal sind es die kleinen Streitereien zwischen Nachbarn, mal Verkehrseinschränkungen oder das Winterwetter, mal die Haushaltsdebatte im Stadtrat, mal ein fehlendes Schwimmbad oder eine neue Einkaufsmöglichkeit. Oft sind es Dinge, die es auch in jeder anderen Stadt gibt, banale Sachen eigentlich, die für den einen oder anderen von Belang sind, von vielen aber schlichtweg ignoriert werden. Mal werden die Themen auch etwas bekannter (Kraftwerk Mitte) und erlangen auch in der einen oder anderen überregionalen Zeitung Erwähnung, kein Thema wird momentan aber so eng mit uns Dresdnern verbunden, wie das der Waldschlösschenbrücke.

Und es entspricht auch ein wenig dem Dresdner Gemüt. Wir sind großherzig, aber verschlossen, wir debattieren bis es nichts mehr zu debattieren gibt und noch weit darüber hinaus. Unser Herzblut regt sich bei Ungerechtigkeiten und erstarrt, wenn man sich gerade noch als letzter in den Bus quetschen konnte. Und wir lieben das Flanieren. Momentan sind wir Brückenflaneure. Schauen, genießen, schlendern und knipsen, die frische Luft genießen, Langlauf an der Elbe, Glühwein auf den Weihnachtsmärkten und Stollen zum Kaffee, Altstadtkulisse und Canalettoblick und dann türmt sie sich vor einem auf: die Brücke. Die Brücke.

Als wir am Sonntag nun auch mal die Waldschlösschenbrücke besuchten, da war der Andrang enorm. Das Fernsehen hatte aufgebaut, es gab eine belanglose Sondersendung des SachsenSpiegels mit vielen Vor-Ort-Berichten, und im Hintergrund das Hämmern und Werkeln der Bauarbeiter, die bei eisiger Kälte und an diesem beschaulichen Sonntag die Artisten gaben für ein Schauspiel, das eigentlich gar keins war. Die Brücke, sie ist nun viel mehr an dem Ort, wo sie eigentlich nie stehen sollte, meinen die einen. Die anderen hätten die Brücke schon viel eher da gesehen, gäbe es nicht diese miesepetrigen Querulanten von Umwelt- und Naturschützern, die das Großprojekt wegen ein paar Fledermäuschen verhindern wollten. Meine Meinung habe ich zwar schon des Öfteren zum Besten gegeben, aber wenn man dann mal davor steht, dann kann man sich ja vielleicht doch noch umstimmen lassen … naja, geklappt hats nicht und ein weiteres Mal hätte ich diese Brücke gern direkt in die Luft gesprengt (wenn das nicht so laut wäre und wahrscheinlich noch mehr Teile der umgebenden Natur zerstört hätte).

Was uns Dresdner berührt, das ist oft gar nichts Besonderes. Das Welterbe, was ist das schon? Die Natur – uns Dresdner juckt das nicht.

Christian Helfricht

Moloch aus Stahl und Beton – die Waldschlösschenbrücke

Vergeblicher Kampf, aber ein Zeichen des Muts: nicht jeder ist mit der Brücke einverstanden  (Welterbeflagge)

Zur Zeit der Entstehung ebenfalls nicht unumstritten: das Blaue Wunder

Tillich: Haltet den Bürger klein!

Wir Sachsen rühmen uns ja der großen Taten, die wir seit der Wende vollbracht haben. Unsere Städte wurden wieder aufgebaut, unser größter Fluss, die Elbe, wird immer sauberer und wenn wir über Industrieansiedelungen reden, dann können wir aus dem Vollem schöpfen. Das mag sich wohl auch unser werter Ministerpräsident Tillich gedacht haben, als er einen Beitrag für das Magazin Focus geschrieben hat, der am heutigen Montag erscheint. Im Wortlaut scheibt Tillich (laut Vorabmeldung):

„Die Sachsen wollen zu den Spitzenregionen Europas aufschließen. Deshalb gibt es bei uns kein Großprojekt, das erfolgreich durch Klagen gestoppt wurde. Wir haben Kohlekraftwerke gebaut, Straßen und Autobahnen, Braunkohle-Tagebaue erweitert. Das ist in anderen Bundesländern nicht mehr möglich.“ und
„Für den Erfolg bei solchen umstrittenen Vorhaben [gemeint hier Stuttgart21 und die Waldschlösschenbrücke, d.V.] gilt: Die Politik sollte umfassend ein solches Projekt erklären und auf dem einmal eingeschlagenen Weg nicht umkehren“ und
„Vielleicht tun wir uns im Osten nach den harten Erfahrungen mit dem Übergang vom Sozialismus zur Marktwirtschaft leichter, die Konsequenzen des Marktes auszuhalten.“ und
„Die Globalisierung erzeugt […] einen Anpassungsdruck, bei dem auch die Deutschen merken, dass das unter Umständen nicht ohne Verluste vor sich geht. Im Osten haben wir noch nicht diesen Besitzstand erreicht.“

Da ist einer stolz darauf, das Volk kleingehalten zu haben. Da fühlt sich einer wohl in seiner Rolle als Sachverwalter und Wirtschaftslobbyist. Und da äußert einer doch tatsächlich, der Bürger könne zwar klagen, aber eine Chance hat er nicht wirklich, wenn Wirtschaftsinteressen entgegen stehen. Kein Großprojekt wurde durch Klagen gestoppt? Hört, hört. In anderen Bundesländern wäre das nicht möglich? Was meint Tillich damit nur?

Eigentlich äußert Tillich Mißfallen und Abschätzigkeit gegenüber jedem, der sich der Linie der Sächsischen Landesregierung widersetzt. In anderen Ländern gebe es Bürgerproteste, hier bei uns in Sachsen muss man damit aber nicht rechnen. Und wenn doch, dann ist das auch bald wieder vorbei. Und dann dieses alte Drama sich selbst überschätzender Politiker: Wir wissen, liebes Wahlvolk, was zu tun ist. Wenn wir euch alles ganz fein erklären, werdet ihr schon sehen, dass wir recht haben. Windet euch nicht, denn jeder Aufwand geht ins Leere.

Hier entfernt sich einer von denen, für die er eigentlich zur Stelle sein soll. Nicht mal Ministerpräsident Mappus in Stuttgart ist so dumm, dass er den Bürgerprotest komplett ignoriert. Das schafft nur einer, der unser wunderschönes Sachsenländl regiert. Einer, der nicht mal in der Fliegengewichtsklasse der CDU-Führung mitboxen kann und sich mit solch menschenfremden Äußerungen noch weiter ins Abseits bringt. Oder umgekehrt: Tillich, der seine Meinung immer nach dem Fähnchen im Wind richtet, wäre ein idealer Stellverteter Merkels: unbedeutend und charakterlos.

Christian Helfricht

Dresden verliert Welterbestatus. Zu Recht!

Zur Entscheidung der UNESCO, Dresden den Welterbetitel abzuerkennen:

Diese Entscheidung musste kommen und sie kommt zu Recht. Wer auf Beton setzt und nicht auf den Erhalt der Kulturstätte kann nicht den Titel Welterbe tragen. Die UNESCO hat mit ihrer Entscheidung, Dresden den Welterbetitel wegen der Waldschlösschenbrücke abzuerkennen, nach langen Diskussionen folgerichtig gehandelt und sich nicht länger an der Nase herumführen lassen.
Dies ist eine Blamage nicht nur für Dresden, sondern auch für das gesamte Bundesgebiet. Gerade die Bundeskanzlerin, die sich in keinster Weise für den Erhalt eingesetzt hat, steht damit als Getroffene da. Und auch die Bürgermeisterin von Dresden, Helma Orosz, die schon vor ihrer Wahl 2008 als Verfechterin der Brücke galt, muss eine neuerliche Niederlage hinnehmen.

Dresden kann auf den Welterbetitel nicht verzichten, gerade im Tourismus muss Dresden Rückgänge verbuchen. Eine Stadt, die hochnäsig darauf verweist, auf das Welterbe nicht angewiesen zu sein, wird die Quittung im Umkehrschluss bekommen: Image-Schaden, weiter sinkende Besucherzahlen, weniger Gelder aus Bundesfonds und ein steter Rückzug auf dem Sektor der Kunst und Kultur.
Dafür hat die UNESCO eine weise Entscheidung getroffen. Das Elbtal werde durch die Brücke irreversibel zerschnitten und die Flussauen werden zerstört. Doch die Betonköpfe in Dresden, man hört sie stetig rufen: Wir bauen, wir bauen!

Der Glasperlenspieler

Der Winter. Sonst nichts

Verschneit liegt die Stadt, mitten im Winter spiegelt sich die Sonne in Eiszapfen und zugefrorenen Seen. Kalt ist es auch noch, hier in Dresden und anderswo. Die Gasverorgung ist nicht zu beklagen, das Wasser läuft fast ausnahmslos flüssig. Die Supermärkte sind gefüllt, die Einkaufsstraßen gleichen Schornsteinen aus keuchenden Menschen. Auf der Elbe treiben wunderschöne Eisschollen, was die Schifffahrt und Elbfähren bedroht, jedoch einem wunderschönen Naturschauspiel Raum lässt. Auch die Arbeiten an der Waldschlösschenbrücke mussten vorübergehend ausgesetzt werden. Der Winter bringt also für uns, das darf man ausschließlich sagen, nur Gutes.

Der Winter. Ja, es gibt ihn noch, werden Klimawandel-Leugner sagen, alles nicht so schlimm. Die Welt gefriert von neuem und von schmelzenden Gletschern spricht ja auch niemand mehr. Doch getrost darf man sagen: Wer so denkt, muss nochmal von vorn anfangen. Nur weil es im Winter kalt ist, wird die Welt nicht besser. Nur weil nun Kälterekorde gebrochen wurden, wird der CO2-Ausstoß nicht unbedingt geringer. Nur weil Schnee liegt, werden Klimasünder nicht aufhören Schadstoffe zu emittieren. Stupide Wahrheiten, simple Phrasen, richtig sind sie dennoch.

Freuen wir uns also über einen Winter, der unserer abendländisch geprägten Kulturvorstellung entspricht! Für Menschen kann es die schönste Jahreszeit sein, auch die schrecklichste. Nehmen wir sie, wie sie eben ist. Alte Menschen möchten oft über den Winter kommen, die meisten Menschen würden da sterben; für Kinder ist Schlittenfahren und Schneemann bauen die höchste Erfüllung. Die einen fluchen über gefährliche Straßenverhältnisse, andere laufen Schlittschuh. Der Winter ist eben schön, beschaulich und naturgegeben, wie Frühling, Sommer und Herbst. Das menschliche Mäkeln wird daran nichts ändern. Und das ist doch die beste Nachricht.

Der Glasperlenspieler

Zwischen Natur und Kultur: Dresden muss grüner werden!

Radfahren tut gut. Bei mir ist das zumindest so, also bin ich nun schon seit einigen Wochen regelmäßig, also circa drei Mal die Woche, unterwegs zwischen Elbe und Stadtgebiet, zwischen Pirna und dem Blauen Wunder. Durch die schönsten Stadtteile Dresdens, angefangen im idyllischen Kleinzschachwitz, durch das schroffe Leuben, vorbei am malerischen Laubegast und lebendigen Tolkewitz, nach Blasewitz, mit den vielen kleinen Geschäften, die sich am Schillerplatz angesiedelt haben und dem Wochenmarkt, der jeden zweiten Tag für geschäftiges Treiben sorgt oder den prächtigen Villen im rechtselbischen Loschwitz.

Auf dem Rad lernt man die Stadt erst richtig kennen. Wohnt man, wie es bei mir der Fall ist, in Elbnähe, kann man sich am fast durchgängigen Elberadweg erfreuen, der einen in nordwestliche Richtung sogar bis Hamburg führen kann, auf der anderen Seite weit in die Tschechische Republik hineinreicht. Stromaufwärts wird es ab Dresden denn auch ruhiger und grüner, über Heidenau und Pirna hinaus kann man recht ungestört seine Bahnen ziehen, was im Dresdner Stadtgebiet eher schwer möglich ist. Im Übrigen auch, weil der Ausbau der Radwege in Dresden noch deutlich zu wünschen übrig lässt, wie nicht zuletzt eine kürzlich veröffentlichte Studie verdeutlicht. Zwölf Prozent der zugänglichen Straßen Dresdens sind mit Radwegen ausgestattet. Die führenden Städte in Deutschland liegen bei bis zu 20% (siehe hier).

Der Vorteil am Radfahren liegt eben nicht nur an der körperlichen ‚Ertüchtigung‘, sondern auch im Naturerlebnis, denn das reine Training der physischen Fitness könnte schnell zu Ermüdung und Enttäuschung führen, wären da nur Einöde und Häuserblocktristesse. Hier hat die Dresdner Elbseite mehr zu bieten. Das Naturschutzgebiet der Pillnitzer Elbinsel sei nur als Eines unter Vielen erwähnt. Die Schönheit dieser Stadt zeigt sich eben nicht nur in den Bereichen Wissenschaft, Industrie und Kunst, sondern auch und besonders in den Möglichkeiten, die durch einen rücksichtsvollen Umgang mit der Natur geschaffen werden. Eine Kultur des Radfahrens müsste eine UnKultur der Autostadt weiter ablösen, ein Nein zur Waldschlösschenbrücke wäre dabei, nebenbei bemerkt, aber nur ein erster Schritt in die richtige Richtung. Eine Stadt, die sich ein katastrophales Verkehrskonzept leistet, deren einziges Bestreben in Investorenanwerben besteht und deren Konsumtempel immer weiter wachsen, muss mehr für die Umwelt tun. Der Ausbau von Radwegen ist allerdings nur ein Schritt. Grüngebiete statt Wohnungsrückbau mit anschließender Verrottung, größere Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr und Ruheplätze anstatt fragwürdiger Stadtplanung alla Postplatz, es gibt tausend Möglichkeiten. Liebste Stadt, nutze sie!

Der Glasperlenspieler