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Posts Tagged ‘FDP’

Herr Beck, das haben Sie gut gemacht

Da dieser Blog in letzter Zeit nur von politischen Themen bestimmt wird, was nicht jedem gefallen mag, möchte ich auch gleich da weiter machen, wo ich beim letzten Eintrag aufgehört habe. Wenn ich nach Diskussionen schreie, dann ist das bei mir nicht anders, als in der elitären politischen Klasse.

Nun stehen wir vielleicht vor dem bundesweit ersten rot-rot-grünen Bündnis und schon will es keiner gewesen sein. Beck: keine Zusammenarbeit, Steinbrück: keine Beteiligung der Linken an der Regierung, Ypsilanti: keine direkte Zusammenarbeit. Naja. Wenn ich das einmal deuten dürfte:

1. Ypsilanti wird sich mit den Stimmen der Linken zur Ministerpräsidentin wählen lassen.
2. Es wird einer Tolerierung geben, in dem Sinne, dass man mit der linken Mehrheit gemeinsame Projekte durchsetzen wird.
3. Diese Regierung wird sicher schon vor dem Ablauf der Amtsperiode Neuwahlen ansetzen.

Sicher, garantieren kann man das nicht, doch scheint der Wille von Kurt Beck Roland Koch als Hessen-Chef aus dem Amt zu treiben sehr hoch zu sein, höher allemal als die verteufelte Zusammenarbeit mit den ehemaligen linken Schmuddelkindern nicht einzugehen. Man kann ihm Wortbruch vorwerfen, wie es Westerwelle tut, der mit seiner FDP nun das Umfallerimage ablegen möchte, aber man kann ihm auch gratulieren:

Herr Beck,
das haben Sie gut gemacht.
Ein Zusammenfinden der linken Kräfte Deutschlands war überfällig, eine europäische Normalität wäre damit hergestellt. Die ewige Dämonisierung des linken Randes hätte deren Partei noch weiter erstarken lassen. Sie sind ein Fuchs, Sie. Die Linkspartei in der Regierung schwächen, entzaubern, den Mantel ablegen, die Hände reichen und die Messer hinterm Rücken wetzen.

Der Glasperlenspieler (kommt nicht umhin, sich vor Freude in die Unterlippe zu beißen)

Die Linke ist etabliert – nun muss sie gefordert werden!

6. Februar 2008 1 Kommentar

Man hört es dieser Tage in den Nachrichtensendungen im Fernsehen, im Radio und liest es in den Tageszeitungen und den politischen Magazinen: das politische System der Bundesrepublik hat sich nach den Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen stark gewandelt. Knapp dreißig Jahre nach dem Einzug der Grünen in den baden-württembergischen Landtag (März 1980; 5,3%), ist das Parteienspektrum nun um eine weitere Partei reicher. Die Linke ist nun fest im gesamtdeutschen Raum verankert und wird auch in weitere Landtage einziehen, wenn auch nicht in alle.

Für Konservative kam es auch damals, Ende der Siebziger, einem Bruch mit dem Naturgesetz der Dreiparteienrepublik gleich, als sich abzeichnete, dass sich eine linksalternative Umweltbewegung formierte und zusammenraufte, um nur wenige Monate später die Parlamente zu erobern. Die Grünen wurden als Chaostruppe abgetan und stigmatisiert. Doch schon 1985 brach der Widerstand der Sozialdemokraten, das erste rot-grüne Bündnis auf Länderebene war entstanden (na wo wohl? in Hessen!). So gesehen hat es circa fünf Jahre gedauert, bis die Grünen als Partner zumindest von der SPD akzeptiert wurden, Jahre später hat sich auch die CDU daran gewöhnt, schwarz-grüne Bündnisse auf kommunaler Ebene sind keine Seltenheit mehr.

Klar ist, genauso wird es mit den Linken nicht laufen. Koalitionen mit CDU und FDP stehen in weiter Ferne, keine Frage. Doch schon mehren sich Stimmen, dass man Die Linke nicht tabuisieren dürfe, wie es zum Beispiel der SPD-Fraktionschef in Kiel, Ralf Stegner, sagt. In der thüringischen SPD steht die Frage einer Koalition nicht zur Debatte, sondern sie ist schon beschlossen, es wird nur noch darüber debattiert, ob man auch unter einem Ministerpräsidenten der Linken mitmachen würde. Auch die Jusos und ihre neue Vorsitzende Franziska Drohsel, sowie der designierte Sprecher der SPD-Linken, Björn Böhning, sprechen sich für eine Öffnung nach links aus. Bei den Grünen ist das ähnlich. Nachdem sich der Fraktionsvorsitzende der Bundestagsfraktion, Jürgen Trittin, offen für Bündnisse gezeigt hat, regen jetzt auch hessische Mitglieder der Partei eine Zusammenarbeit im Bundesland an, zumindest eine rot-grüne Regierung zu probieren, die durch die Linken toleriert werden könnte.

Indem man die Grünen in den 80er Jahren in Koalitionen holte, konnte man manche ihrer teils radikalen Forderungen abmildern, ja oft auch zum Umdenken anregen. Heute haben wir es mit einer grünen Partei zu tun, die nur noch schwer von der SPD zu unterscheiden ist und die aufpassen muss, dass sie durch den Verlust des Alleinanspruchs auf ökologische Themen nicht verloren geht. Sie muss neue Themenfelder erschließen, neue Horizonte finden.

Der Linkspartei steht Ähnliches nur dann bevor, wenn es die SPD glaubwürdig schafft, sich wieder mehr den sozialen Themen zuzuwenden. Und selbst dann wird es nur sehr schwer werden, sie wieder aus den Parlamenten zu drängen. Vielmehr muss man Die Linke politisch stellen. Ihre innenpolitischen Forderungen sind teils realitätsfern, teils verklärend. Außenpolitisch scheut sich die Partei, klare Antworten auf Konflikte in Afghanistan und Afrika zu geben, sondern versteckt sich hinter pseudopazifistischen Parolen, die an den realen Verhältnissen klar vorbeigehen, da humanitäre Hilfe ohne militärischen Schutz am Hindukusch unmöglich ist.

Trotzdem ist es erfrischend, dass es diese Partei geschafft hat, Teil des gesamtdeutschen Systems zu werden und die Republik ein wenig bunter gefärbt hat. Forderungen nach dem gesetzlichen Mindestlohn, einer Erhöhung der Hartz IV-Beiträge und einem öffentlich geförderten Beschäftigungssektor sind wichtig und richtig.

Der Glasperlenspieler

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Der große Zampanò und sein nahes Ende – Roland Koch adé

(Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen)

Spannend, spannend, spannend. Vier Stunden nach den ersten Prognosen, steht auch jetzt noch kein Ergebnis fest. Währenddessen in Niedersachsen alles klar ist, herrscht in Hessen noch banges Hoffen und elendes Warten.

Eines allerdings ist jetzt schon sicher. Roland Koch hat seine absolute Mehrheit im Wiesbadener Landtag verloren. Das ist das Wichtigste an diesem Abend. Genauso muss man allerdings der Linken gratulieren, die sich mit diesen beiden Wahlen fest in den westdeutschen Flächenländern etabliert hat.

Also: Niedersachsen bleibt schwarz-gelb und in Hessen ist noch alles offen, denn die Linkspartei ist das Zünglein an der Waage.

Der Glasperlenspieler

Edit (23.35Uhr):

Die vorläufigen amtlichen Endergebnisse sind nun bestätigt. In Hessen sind die großen Parteien in etwa gleich auf, die FDP zieht an den Grünen vorbei und die Linke hat es in den Landtag geschafft. Damit wird es weiter spannend bleiben in den nächsten Tagen.

Hessen

CDU 36,8%
SPD 36,7%
FDP 9,4%
Grüne 7,5%
Linke 5,1%

In Niedersachsen ist das Ergebnis klarer. Die CDU kann ihrer Koalition mit der FDP fortführen, die Grünen haben sich leicht verbessert und auch hier ist die Linke in den Landtag eingezogen.

Niedersachsen

CDU 42,5%
SPD 30,3%
FDP 8,2%
Grüne 8,0%
Linke 7,1%

Geh wählen – aber nicht Roland Koch …

(Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen)

Heute also ist es soweit. In Hessen und Niedersachsen wird gewählt und es stehen, so will man hoffen, entscheidende Veränderungen an, in beiden Bundesländern.

In Niedersachsen ist die Lage allerdings klarer. Nach den letzten Umfragen kann Christian Wulff seine Koalition mit der FDP fortsetzen, sein präsidialer Stil scheint bei den Bürgern anzukommen und sein Gegner von der SPD, Wolfgang Jüttner, kommt mit seinen Argumenten nicht beim Wähler an. Es reicht eben nicht, populäre Themen wie den Mindestlohn und familiäre Probleme beim Ministerpräsidenten anzusprechen. Spannend bleibt hier nur, ob es Die Linke in das ländlich geprägte Niedersachsen schafft, was schon einer Überraschung gleich käme, auch wenn die letzten Prognosen positiv aussehen.

In Hessen obliegt den Linken eine tragende Rolle. Kommen sie in den Landtag, wird Koch seine absolute Mehrheit verlieren und auch für eine bürgerliche Koalition aus CDU und FDP wird es höchstwahrscheinlich nicht reichen. Das Thema der stärksten Partei ist auch noch nicht geklärt. Zwar sieht alles nach Kochs CDU aus und ich denke auch, dass die schweigende Mehrheit seinen Hardliner-Kurs unterstützt, aber ich lasse mich da gerne des Besseren belehren.

Für Roland Koch wird es trotzdem schwer. Es ist auch eine Niederlage für ihn, wenn er letztlich einer großen Koalition vorstehen muss oder gar eine Jamaika-Koalition aus CDU, Grünen und FDP führen muss, was von den Kleinen allerdings vor der Wahl strikt abgelehnt wurde. Überhaupt wird es mit der Regierungsbildung schwierig, wenn es keine klaren Mehrheiten gibt. Das klingt wie eine Binsenweisheit, bekommt in Hessen allerdings besondere Schärfe, da sich die Parteien in diesem Bundesland erstens sehr unterschiedlich sind und zweitens jedwede neue Koalitionsdebatten abgelehnt wurden.

Man kann nur hoffen, immer wieder. Meine Wahlempfehlung: Erststimme SPD oder Grüne, Zweitstimme Die Linke. In beiden Bundesländern. Auf keinen Fall aber in Hessen CDU. Denn wer hier noch CDU wählt, der muss sich doch fragen lassen, wie er nachts noch schlafen kann und unseren ausländischen Mitbürgern noch in die Augen schauen oder die Verantwortung für Atomkraftwerke und deren Gefahren übernehmen kann.

Der Glasperlenspieler