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Zum Tod von Lech Kaczynski

Er war der Streiter der Erzkonservativen und ein Europäer, dem Europa nie gefiel. Keinen Fuß setzte er in die russische Hauptstadt, das Verhältnis zu den Deutschen war gespannt. Oft ließ er auf sich warten und provozierte etliche Eklats. Die Homosexuellen hasste er abgöttisch, der Kommunismus war für ihn eine Drohgebärde. Der Fortschritt Polens scheiterte nicht zuletzt oft wegen dem kleinen Mann, den man zunächst aus dem Fernsehen kannte …

Mit seinem Bruder Jaroslaw stand er 1962 im Kinderfilm „Die zwei Monddiebe“ vor der Kamera. Lech studierte Jura in Warschau und wurde Professor in Danzig. Erfolgreich in der Politik wurde er erst im höchsten Amt. Als er 2005 bei den Präsidentschaftswahlen überraschend gegen den heutigen polnischen Ministerpräsidenten Tusk gewann, hatten ihm das zuvor nur wenige zugetraut. Überhaupt wurde Kaczynski oft unterschätzt, besonders von der polnischen Medienlandschaft, die sich strikt in politische Lager unterteilt. Die europäischen Partner wurden von Kaczynski bisweilen mit Misstrauen und Ablehnung gestraft. Der Lissabon-Vertrag stand nicht zuletzt wegen der polnischen Haltung oft vor dem Aus. Gerade zu Russland hegte Lech Kaczynski ein gut gehütetes Nicht-Verhältnis, zuletzt artikulierte sich dies bei den deutsch-russischen Verhandlungen um die Nord-Stream-Pipeline.

Nun ist Lech Kaczynski tot, mit ihm seine Frau und ein gehöriger Teil polnischer Führungspersönlichkeiten. Die menschliche Tragödie ist unbeschreiblich, der Beistand gilt den Hinterbliebenen und Freunden. Politisch kann für Polen aber auch ein Neuanfang bevorstehen.

Christian Helfricht